Kaiserslauterer Forschende erhalten Millionen-Förderung der Carl-Zeiss-Stiftung

Pressemeldung 136/2022. Die Technische Universität Kaiserslautern (TUK) arbeitet an Zukunftsthemen, die Gesellschaft und Industrie bewegen. Dies zeigt der jüngste Doppelerfolg in der Forschung: Für das interdisziplinäre Projekt „Smarte Batchprozesse im Energiesystem der Zukunft“ erhält die TUK gut 5 Mio. Euro aus dem Programm „CZS Durchbrüche“ der Carl-Zeiss-Stiftung. Zugleich wird das Projekt „Halocycles“ mit TUK-Beteiligung, federführend an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz verortet, mit rund 4 Mio. Euro aus dem Programm gefördert. Beide Vorhaben zielen auf Ressourceneffizienz. Mit „CZS Durchbrüche“ unterstützt die Carl-Zeiss-Stiftung internationale Spitzenforschung aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Thüringen.

Energie ist kostbar – deswegen sind auch in der Industrie Lösungen gefragt, um die wertvolle Ressource möglichst effizient zu nutzten. Prof. Dr.-Ing. Erik von Harbou, Leiter der Lehrgebiets für Fluidverfahrenstechnik (LRF), umschreibt die Herausforderung: „Mit 11 Prozent des Strombedarfs gehört die Prozessindustrie zu den zentralen Verbrauchern elektrischer Energie in Deutschland. Für das Gelingen der Energiewende ist eine Umstellung auf eine regenerative Stromversorgung daher von entscheidender Bedeutung.“

Das TUK-Projektteam, das Expertise aus Chemie, Bio- und Verfahrenstechnik, elektrische Energietechnik, Produktionsmanagements und nachhaltige Kreislaufwirtschaft zusammenführt, beschäftigt sich im geförderten Vorhaben mit Batchprozessen. Diese spielen insbesondere in der chemischen Industrie eine große Rolle. „Batchprozesse kann man sich vereinfacht vorstellen wie Backen mit einer Küchenmaschine nach immer dem gleichen Rezept“, beschreibt von Harbou. „In einem Gefäß werden definierte Mengen an Zutaten in festgelegten Schritten zu einem Produkt verarbeitet und dabei beispielsweise gerührt und erhitzt. Bisher decken Unternehmen den erforderlichen Strombedarf der Prozesse nachfrageorientiert. Dies wollen wir mit Blick auf die Energieeffizienz hinterfragen.“

Wie können Batchprozesse also smart werden können, das heißt Strom intelligent nutzen? Von Harbou und seine Forscherkolleg:innen – als Co-Sprecher sind Prof. Dr.-Ing. Daniel Görges (Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik) und Prof. Dr. Katharina Spraul (Fachbereich Wirtschaftswissenschaften) eingebunden – arbeiten hierfür mit produzierenden Unternehmen aus der Region zusammen. „Uns interessiert auf der einen Seite, ob es verfahrenstechnische Stellschrauben gibt, mit denen wir die Batchprozesse flexibilisieren und den Energieverbrauch optimieren können – wie etwa veränderte Laufzeiten und Betriebstemperaturen“, erklärt der Ingenieur. Görges ergänzt: „Auf der anderen Seite soll das Potential elektrotechnischer Lösungen wie Batterien untersucht werden, um Schwankungen in der Energieversorgung auszugleichen.“ Welche Maßnahmen sinnvoll und wirtschaftlich machbar sind – diesen Fragen werden die Forschenden im Verlauf des Projekts nachgehen. „Ebenso wollen wir herausfinden, ob Kunden bereit wären, gewisse Veränderungen am Produkt in Kauf zu nehmen für den Vorteil einer CO2-neutralen Herstellung“, sagt Spraul.

Paradebeispiel für die grüne Chemie

Das Projekt „Halocycles“ zielt darauf ab, organische Halogenverbindungen – diese kommen u.a. bei der PVC-Herstellung zum Einsatz – in einen Nutzungskreislauf zu bringen bzw. Teile davon wiederverwertbar zu machen. Halogenverbindungen bestehen aus einem Kohlenstoffgerüst, an dem eines oder mehrere Wasserstoffatome durch Halogenatome (Fluor, Chlor, Brom oder Iod) ersetzt sind.

Das Projekt bringt zwei rheinland-pfälzische Universitäten zusammen. Koordinator ist Prof. Dr. S. R. Waldvogel von der JGU in Mainz. In Kaiserslautern sind die Fachbereiche Chemie, Maschinenbau und Verfahrenstechnik ebenso wie das Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe GmbH (IVW) beteiligt. Co-Koordinator ist der TUK-Chemiker Prof. Dr. Georg Manolikakes: „Bislang erfolgt eine Rückgewinnung der Halogene – sofern dies überhaupt gelingt – aus den Rauchgasen. Dabei geht allerdings das Kohlenstoffgerüst verloren und es werden in erheblichem Maße CO2-Äquivalente freigesetzt. Darüber hinaus müssen die Verbrennungsvorgänge länger bei sehr hoher Temperatur ablaufen, um die Bildung von gefährlichen Dioxinen etc. zu vermeiden.“ Alles in allem ist das nicht förderlich für die Klima- und Umweltbilanz.

Daher verfolgt Halocycles einen grundsätzlich anderen Weg: Die Halogene sollen elektrochemisch freigesetzt werden. Das Kohlenstoffgrundgerüst wird dabei erhalten und kann wieder als werthaltige Rohstoffquelle für chemische Prozesse dienen. Zudem bilden sich bei der Elektrolyse keine toxischen Verbindungen. Weiterer Vorteil ist, dass dafür auch „grüner“ Strom aus Photovoltaik und Windkraft zum Einsatz kommen kann. Zugleich lassen sich dadurch Stromüberschüsse effizient nutzen und Schwankungen im Stromnetz ausgleichen.

„Die aktuellen Entwicklungen auf dem Energiemarkt verdeutlichen einmal mehr, wie wichtig es ist, dass wir Energie effizient nutzen und die Energiewende vorantreiben. Als Technische Universität wollen wir dazu beitragen, indem wir Lösungen entwickeln, die die industrielle Produktion ressourcenschonender und umweltfreundlicher machen. Wir danken der Carl-Zeiss-Stiftung, dass sie zwei aktuelle und zukunftsweisende Forschungsvorhaben mit einer so großzügigen Förderung unterstützt“, sagt Prof. Dr. Werner R. Thiel, TUK-Vizepräsident für Forschung und Technologie. „Die Projekte betrachten die Themen Energiesicherung und Ressourceneffizienz zunächst zwar aus unterschiedlichen Blickwinkeln, sind jedoch langfristig beide Wegbereiter für eine nachhaltige Chemieproduktion.“

 

Über die Carl-Zeiss-Stiftung
Die Carl-Zeiss-Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, Freiräume für wissenschaftliche Durchbrüche zu schaffen. Als Partner exzellenter Wissenschaft unterstützt sie sowohl Grundlagenforschung als auch anwendungsorientierte Forschung und Lehre in den MINT-Fachbereichen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). 1889 von dem Physiker und Mathematiker Ernst Abbe gegründet, ist die Carl-Zeiss-Stiftung eine der ältesten und größten privaten wissenschaftsfördernden Stiftungen in Deutschland. Sie ist alleinige Eigentümerin der Carl Zeiss AG und SCHOTT AG. Ihre Projekte werden aus den Dividendenausschüttungen der beiden Stiftungsunternehmen finanziert.

 

Fragen beantworten:
Prof. Dr.-Ing. Erik von Harbou
Tel.: 0631 203 2151
E-Mail: harbou@mv.uni-kl.de

Prof. Dr. Georg Manolikakes
Tel.: 0631 205 2046
E-Mail: manolikakes@chemie.uni-kl.de

Über die RPTU

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